Seit 2011 gibt es ein einfaches Holzkreuz, das bei Bedarf in der Kirche aufgestellt wird.

Mobiles Kreuz

Seit 2011 gibt es ein einfaches Holzkreuz, das bei Bedarf in der Kirche aufgestellt wird.

Gedanken zum neuen mobilen Kreuz in unserer Kirche

Zu unserem neusten Kirchenmobiliar gehört ein Holzkreuz, welches je nach Bedarf aufgestellt oder auch wieder versorgt werden kann. Das Kreuz kann an speziellen Anlässen, wie z.B. dem Ewigkeitssonntag, in der Karwoche, oder auf Wunsch auch an Beerdigungen zum Einsatz kommen, wenn sich liturgisch ein Sinnzusammenhang mit dem Ganzen des Gottesdienstgeschehens ergibt. Im Unterschied zum neuen Wandspruch ist das Kreuz aber eine mobile Variante, die man eben je nachdem einsetzen kann oder nicht.

Kreuz ist nicht gleich Kreuz

Wir sind uns bewusst, dass es für manche ein Kreuz ist mit dem Kreuz! Denn nicht alle reformierten Kirchgängerinnen und Kirchgänger haben wohl einen Zugang zum Kreuz. Ich vermute, das hat damit zu tun, dass man das Kreuz eher der katholischen Kirche zuordnet. Gefühlsmässig mag dies stimmen, historisch muss man jedoch ein bisschen differenzieren. Zum Beispiel besteht ein Unterschied zwischen einem Kruzifix und einem Kreuz. Am Kruzifix hängt Jesus der Gekreuzigte, der eben ans Kreuz "fixiert" ist.

Kruzifix aus einer Kirche in Deutschland

Solche Darstellungen sind in katholischen Kirchen sehr verbreitet und stellen den Leidensweg, die Passion Christi, in den Vordergrund. Im Gegensatz dazu hat das Kreuz ohne den Gekreuzigten einen viel breiteren Deutungshorizont. Das Kreuz war schon in vorchristlicher Zeit ein wichtiges Symbol, gehört quasi zu den Ursymbolen der Menschheit. Das Kreuz erscheint in Mythen, Märchen und Legenden – die Kreuzform spricht anscheinend etwas Elementar-Menschliches an: Die Verbindung der Waagrechten und der Senkrechten verweist auf die Vereinigung der Gegensätze: Der Tod begegnet dem Leben, der Himmel begegnet der Erde. Es ist ein Symbol der Ganzheit, z.B. der vier Himmelsrichtungen, aber auch der vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft.
Dann aber ist das Kreuz natürlich DAS Symbol des Christentums - auch des reformierten Christentums! Das leere Kreuz verweist eben im Gegensatz zum Kruzifix darauf, dass Jesus auferstanden ist, dass der Tod überwunden ist, dass Christus lebt. Und gerade dieser Gedanke ist ja uns Reformierten ganz besonders wichtig.

Reformierte Skepsis

Wie ist aber dennoch unsere Skepsis dem Kreuz gegenüber zu erklären? Es hat wohl eben einerseits damit zu tun, dass Kreuz und Kruzifix manchmal verwechselt werden. Andererseits sind ja die Kirchen in der Reformationszeit von allem, was die Sinne anregt, entrümpelt worden. Argumentiert wurde mit dem Bilderverbot: "Du sollst dir kein Bildnis machen von Gott", man soll sich also nicht festlegen auf eine fixierte gegenständliche Darstellung oder Vorstellung von Gott. Deshalb hat man in der Reformation Bilder und Symbole aus der Kirche entfernt, weil man vermutet hat, dass die Menschen mehr an diesen Bildern hängen als am lebendigen Wort Gottes, welches in den Gottesdiensten verkündet worden ist. Zwingli war da sogar noch ein Stück weit resoluter als Luther. Für Luther waren Symbole und Bilder sogenannte “adiaphora“. Das heißt: sie sind weder gut noch böse und darum brauchbar oder nicht brauchbar. Zwingli hingegen wollte Kirchen sehen, die “gar helle Tempel“ waren mit “hübsch wyssen Wänden“. Als einziges hat er ein schlichtes Holzkreuz akzeptieren können, das war für ihn das Maximum des Erlaubten…ja und da sind wir also 500 Jahre nach der Reformation in Langnau wieder angelangt!

Bilder und Symbole in der Reformation

Die Reformation hat ja im Nachhinein betrachtet in manchem das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Zwingli hat bei seiner "Kirchenentrümpelung" ja auch die Orgel aus den Kirchen verbannen wollen – weil selbst die entzückenden Töne der Orgel für ihn zu sehr vom Wesentlichen abgelenkt haben. Schnell hat man gemerkt, dass dies natürlich weit übers Ziel hinaus geschossen war – Kirchen ohne Kirchenorgeln wären heute undenkbar, das Orgelverbot war nur von ganz kurzer Dauer…!
Und auch andere Symbole hat man wieder in die Kirche zurückgebracht wie z.B. die Osterkerze, welche mittlerweile auch nicht mehr wegzudenken ist aus reformierten Kirchen. Etliche reformierte Kirchen haben alte Wandbilder, die in der Reformationszeit aus besagten Gründen einfach übermalt worden sind, mittlerweile wieder "ent-deckt", im wahrsten Sinne des Wortes.

Der Fisch ist eines der ältesten christlichen Symbole. Das griech. Wort für Fisch (Ichthys) ist eine Abkürzung für Jesus Christus, Sohn Gottes, Retter.

Symbole sind wichtig für den Glauben

Apropos "entdecken": Ich glaube, dass es in unserem reformierten Glauben immer wieder darum geht, auch sinnliche Zugänge zum Glauben zu entdecken. Der Glaube ist etwas, das Kopf, Herz und Bauch ansprechen soll; Glaube soll mit allen Sinnen erlebt werden, ohne dass man das eine gegen das andere ausspielt. Es gibt Menschen, die ihre Impulse für ihr Glaubensleben mehr über den Intellekt erfahren. Andere Menschen brauchen Geschichten, Erlebnisse oder Erfahrungen, um ihr Glaubensleben zu entwickeln. Wieder andere nehmen religiöse Inhalte eher über die Sinne, über Symbole, Musik und Handlungen auf. Und wieder andere wollen über die Gefühle, das emotionale Berührtsein angesprochen werden. Mit dem Kreuz in unserer Kirche, das wir zu speziellen Anlässen aufzustellen gedenken, möchten wir einen solchen Zugang, wie Menschen religiös angesprochen werden, (wieder) ein bisschen kultivieren.

Religiöse Symbole lösen viel aus…!

Dass religiöse Symbole die Menschen auf einer tieferen, manchmal auch unbewussten Ebene anspricht, hat man zuletzt bei der ganzen Debatte über die Minarette erfahren können. Die Schweizerinnen und Schweizer haben sich gegen dieses dezidiert islamische Symbol in der Öffentlichkeit ausgesprochen. Mir persönlich wäre lieber, wenn man unsere eigenen Symbole wieder stärken würde, als dass man die Symbole anderer Religionen per Volksinitiative künstlich schwächt. Letzten Endes war ja jene Abstimmung nicht ein Sieg der christlichen Kultur über die stärker wachsende islamische Kultur in der Schweiz, sondern in Tat und Wahrheit eine Niederlage und ein Anzeichen von Schwäche und Profillosigkeit unserer eigenen Kultur, wenn man sich keines anderen Mittels mehr bedienen kann, als die andere Kultur auf diese Art zu schwächen. Wir müssen unsere eigene religiöse Kultur stärken und nicht andere Kulturen schwächen – auch unter diesem Aspekt kann man unser neues Kreuz in der Kirche betrachten.

Erkennbarkeit, Profil, Klarheit

Stellen wir uns einmal vor, jemand aus einer anderen Kultur, der jedoch mit den Weltreligionen vertraut ist, käme nach Langnau und würde die reformierte Kirche suchen. Dummerweise würde er dabei die Strassenschilder nicht beachten. Er würde jenes schmucke Gebäude auf dem Langnauer Hügel entdecken und vielleicht schliessen, dass dies eine Kirche sei – schliesslich hat sie ja so etwas wie einen Kirchturm…! Wenn er jedoch den Innenraum betreten würde, würde er kaum sofort merken, dass es sich um einen Raum christlicher Konfession handelt. Es könnte auch ein kleiner Konzertsaal sein, mit guter Akkustik…!
In Zukunft wird das an gewissen Tagen im Jahr anders sein: Das Symbol des Kreuzes schafft Wiedererkennbarkeit und Klarheit…Wir zeigen mit diesem Kreuz Profil, bekennen Farbe, drücken unseren Glauben aus.
Wir sind gespannt auf Ihre Reaktion. Wie erleben Sie das Kreuz in unserer Kirche? Wir lassen uns dazu gerne in ein Gespräch verwickeln…!
                                                
Für das Pfarrteam: Adrian Papis

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